Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss wie angekündigt weitergeführt und weiterfinanziert werden! Kein Ausverkauf von aktiver Menschenrechtspolitik!
Das Fortbestehen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan (BAP) steht auf der Kippe. Laut
Kabinettsentwurf der Bundesregierung, der verschiedenen Organisationen vorliegt und der in
einer Pressekonferenz am 17.07.2024 offiziell vorgestellt wird, soll der unter anderem für das
BAP vorgesehene Etat des Bundesinnenministeriums (BMI) für das Jahr 2025 auf rund 13% des
Budgets von 2024 gekürzt werden. Das würde de facto das Ende des BAP bedeuten. Dies wäre
fatal und ein voreiliges Ende eines elementaren Menschenrechtsprogramms. Besonders
befremdlich ist, dass der Haushaltsentwurf vorsieht, den Haushalt des BMI um 400 Millionen Euro
zu erhöhen, gleichzeitig aber essentielle Mittel für humanitäre Aufnahmeprogramme zu streichen.
Mit den Streichungen würden nicht nur die ressortübergreifenden Abstimmungen missachtet,
sondern auch explizit im Koalitionsvertrag festgelegte Zusagen untergraben.
Die unterzeichnenden Organisationen appellieren daher an die Bundesregierung, die
Mitglieder des Bundestags und insbesondere an die Haushaltspolitiker*innen:
1. Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss wie geplant weitergeführt und
mindestens bis Ende der Legislaturperiode vollumfänglich weiterfinanziert werden. Es
muss mit dem politischen Willen ausgestattet werden, den es braucht, um die humanitäre
Aufnahme gefährdeter Afghan*innen im Umfang der Aufnahmeanordnung in dieser
Legislaturperiode zu ermöglichen.
2. Die Bundesregierung muss das von ihr selbst gesteckte Ziel der Aufnahme von bis zu
1.000 gefährdeten Personen im Monat – also insgesamt bis zu 36.000 Personen – weiter
verfolgen und umsetzen. Dazu muss das Verfahren nicht eingestellt, sondern in allen seinen
Phasen beschleunigt werden.
Insbesondere die Zustände in Islamabad, Pakistan, würden sich durch die Kürzungen
dramatisch verschlimmern. Aktuell harren dort über 3.700 Personen aus, die sich bereits im
Aufnahmeverfahren befinden. Weitere ca. 15.000 Personen hat die Bundesregierung bereits
ausgewählt und kontaktiert, viele warten seit Monaten auf Rückmeldung. Sollten die
Finanzierungen ausbleiben, würden die Menschen in Pakistan und Afghanistan ihrem Schicksal
überlassen. Ihnen drohen weitere schwere Menschenrechtsverletzungen wie Verfolgung,
physische und psychische Gewalt, Folter und im Fall von Pakistan auch Abschiebungen. Für
besonders betroffene Personengruppen wie LGBTIQ-Personen sowie Frauen und Mädchen
bedeutet dies eine direkte Existenzbedrohung. Massive Verzögerungen an der deutschen
Auslandsvertretung in Islamabad werden zudem in vielen Fällen dazu führen, dass Menschen,
die bereits eine Aufnahmezusage haben (Stand Juli 2024: 2.150 AZ), mithilfe dieser nicht mehr
ins Bundesgebiet reisen können.
Alphabetische Liste der erstunterzeichnenden Organisationen (Stand: 17.07.2024):
Afghan Women Activists Coordinating Body
Afghanistan-Schulen Verein zur Unterstützung von Schulen in Afghanistan e.V.
Amnesty International Deutschland e.V.
Artists at Risk (AR)
Association of Prosecuting Attorneys, Inc.
AWO Bundesverband e.V.
BAfF e.V.
Bildung ohne Bücher
Bin gGmbH
Bundesarbeitsgemeinschaft PRO ASYL e.V.
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. (BumF)
Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI)
Climate Activist Defenders
Deutsche Sektion der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF
Deutschland)
Deutscher Kulturrat e.V.
European Organisation for Integration e.V.
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Hami, Frauen Empowerment Organization
Kabul Luftbrücke
LeaveNoOneBehind
LSVD+ – Verband Queere Vielfalt e. V. (zuvor Lesben- und Schwulenverband LSVD)
Medica Mondiale e.V.
medico international
move on – menschen.rechte Tübingen e.V.
Münchner Flüchtlingsrat e.V.
Netzwerk Afghanistan Info Hamburg
NKV Wiesbaden
Osborne Clarke Rechtsanwälte Steuerberater Part mbB
Reporter ohne Grenzen Deutschland
Soziale Initiative Hamburg SI-HAM e.V
Stitching for School and Life e.V. (SSL e.V.)
TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V.
terre des hommes Deutschland e.V.
Verein der Afghanischen Muslime e.V.
Verein für Afghanistanförderung Bonn (VAF)
Verein zur Förderung der Integration von hochqualifizierten Zuwanderinnen und
Zuwanderern (INTEZ e.V.)
Visions for Children e.V.